6 Fachkonferenz veranstaltet von den Bundesverbänden Evangelische Frauen in Deutschland e.V. und der Männerarbeit der EKD in Kooperation mit dem Fachreferat "Frauen und Männer" der EKD und der Frauen- und Männerarbeit der Ev. Kirche in Kurhessen-Waldeck LiebesLeben  - Vielfalt sexueller Identitäten und Beziehungen als Herausforderung für Theologie und Kirche 27. Juni 2013 in Kassel  Die Vielfalt sexueller Identitäten und Beziehungen - Eine Herausforderung für Theologie und Kirche im Jahr der Toleranz? Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017 hat sich die EKD zum Ziel gesetzt, in jedem noch verbleibenden Jahr jeweils ein Kernthema der Reformation besonders in den Blick zu nehmen. Das Jahr 2013 steht unter dem Thema der Toleranz. Dabei geht es im historisch-reflexiven Diskurs vor allem um die Frage nach der Toleranz der Religionen, um das gespannte Verhältnis zwischen Kirche und philosophischer Aufklärung, zwischen Religion und Demokratie -  schließlich um politische wie spirituelle Freiheit und Menschenrechte. Wenn die Toleranz als Errungenschaft des  Protestantismus heute in Anspruch genommen wird, dann geht dies nicht ohne die selbstkritische Perspektive auf den langen Weg dieser Entwicklung und die Schatten, die die Reformation selbst  auf ihn warf. Das protestantische Prinzip einer stets veränderungsbedürftigen Kirche ( "ecclesia semper reformanda") verpflichtet uns immer, sensibel zu bleiben auch für innerkirchliche Denkstrukturen, die Rassismus, Diskriminierung und Unterdrückung bedingen. Toleranz lebt von einer inneren Balance - einer Balance zwischen Aushalten, Respektieren und kritischem Reflektieren. In der Fähigkeit zu einer differenziert verstandenen und praktizierten Toleranz wird der Christenmensch mündig für das Leben in Freiheit. Mit diesem Selbstverständnis haben Evangelische Frauen in Deutschland und Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland das Thema Toleranz  zum Schwerpunkt ihrer gemeinsamen Arbeit im Ev. Zentrum Frauen und Männer gemacht. Dabei richtet sich der Blick besonders auf Menschen, deren sexuelle Orientierung, geschlechtliche Identität oder Lebensentwurf sich außerhalb unserer gesellschaftlichen Norm der Zweigeschlechtlichkeit und der Heterosexualität entfalten. Unsere Gesellschaft tut sich mit dem normabweichenden So-Sein dieser Menschen schwer. Verunsicherungen und Irritationen bestimmen oft den Umgang mit der geschlechtlichen "Uneindeutigkeit". Warum ist uns aber die Eindeutigkeit des Geschlechtes so wichtig? Und warum sind wir so auf die Zweigeschlechtlichkeit fixiert? Vielleicht weil wir hoffen, dass die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit als Muster in der Lage sei, der Sehnsucht vieler Menschen nach sexueller Identität und Orientierung  gerecht zu werden. Dabei wird leicht übersehen, dass eine Festlegung auf zwei gegensätzliche Geschlechter, die sich in ihrer Andersartigkeit ausschließen, schnell zur Einbahnstraße für die individuelle Entwicklung von Menschen werden kann. Vermutlich sind die tatsächlichen biologischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern viel zu gering, um das menschliche Wesen in seiner jeweiligen Einzigartigkeit zutreffend zu beschreiben. Und natürlich geht unter dem Geschlechterdualismus als Norm das Schicksal solcher Menschen unter, die sich als trans- oder intersexuell erleben. Daher dürfen Diskussionen über Sexualität, Geschlecht und Lebensentwürfe im Wandel eines nicht verkennen: Wenn Gesellschaften aus der übergroßen Mehrheit ihrer Erfahrungen geschlechtliche Orientierungsmuster entwickeln, laufen sie Gefahr, zugleich  Herrschaftsstrukturen, Diskriminierung und Rollenzwang zu produzieren.  Dieser Gefahr gilt es im Namen der Toleranz, des gegenseitigen Respektes und der Freiheit jedes/jeder einzelnen entgegenzutreten: Die biblische Tradition beschreibt den Horizont einer neuen Gemeinschaft, in der Differenzen überbrückt, Über- und Unterordnungen aufgelöst und ein neues Miteinander möglich wird, das weit über  Kategorien wie die der Geschlechter hinausgeht. Diese Zukunftsperspektive überwindet Ungerechtigkeit und Unterdrückung und verheißt jedem Menschen in seiner Individualität als Ebenbild Gottes eine neue Dimension von Freiheit und Hoffnung.